Ritucharya, die jahreszeitliche Routine im Āyurveda - der Sommer
Im Sommer erreicht die Sonne ihren höchsten Stand und strahlt mit der größten Intensität. Das hat wiederum eine Auswirkung auf unseren Organismus. In diesem Beitrag finden Sie Erläuterungen zu den sommerlichen Auswirkungen und Empfehlungen und wie Sie diese auf natürliche Weise ausgleichen können.
Mit seiner Hitze ist der Sommer die Zeit des Pitta-doṣā. Pitta entstammt aus dem Grundelementen: Feuer (in Sanskrit: tejas oder agni) und Wasser (jala)
Nach Āyurveda ist der Mensch ein Mikrokosmos, lebend in einem Makrokosmos. Dieses Konzept spiegelt das gemeinsame Fundament und die Wechselbeziehung zwischen dem großen und dem individuellem Universum wider, was bedeutet, dass alles was in der Umwelt geschieht auch im inneren Universum – unserem Organismus geschieht.
Der Sommer bringt vor allem Hitze und Trockenheit mit sich. Manchmal wehen heiße Winde und man kann eine schwere und schwüle Atmosphäre spüren. Die Flussgewässer trocknen aus und die Pflanzen wirken im Gegensatz zum Frühling schlaff.
Auch in unserem Körper staut sich die Hitze und Trockenheit, was uns Energie entzieht. Das führt dazu, dass wir weniger leistungsfähig sind und uns lethargisch und dumpf fühlen können.
Die Trockenheit des Sommer führt zu einer vermehrten Bildung des Vāta-doṣā, während sich das beeinträchtigte Kapha-doṣā beruhigt.
Diese sommerlichen Auswirkungen sind für den Körper anstrengend.
Um das Pitta-doṣā im Zaum zu halten, sollten die Lebensweise und die Ernährung kühlend und beruhigend sein. Gleichzeitig darf das Vāta-doṣā nicht aus den Augen verloren werden.
Sommerleitfaden bezüglich der Ernährung:
Āyurveda empfiehlt im Sommer eine leichtere und eher kühlende Ernährung.
Eine kühlende Ernährung bezieht sich auf die natürliche Beschaffenheit der Lebensmittel und nicht auf die künstlich erzeugten, kurzfristigen Eigenschaften aus dem Kühlschrank. Eisgekühlte Getränke und kalte Lebensmittel aus dem Kühlschrank sorgen eventuell sofort für ein Gefühl der Kühle. Aus ayurvedischer Sicht ist ein solcher Konsum jedoch nicht ideal, da er die Verdauung stört und somit die Bildung von Toxinen (ama) im Körper verursacht.
Die Kokosnuss zum Beispiel hat eine kühlende Wirkung, sei es in Form von Kokoswasser, Kokosmilch oder Kokosfruchtfleisch. In Asien kann man an jeder Strassenecke frisches Kokoswasser finden. Inzwischen werden die Kokosnüsse in einigen Touristengebieten eisgekühlt angeboten. Die Wirkung des ansonsten sehr gesunden Kokosnusswassers wird dadurch leider gestört. In westlichen Ländern ist die Gurke – auch in Form von Saft – zum Beispiel eine willkommene Erfrischung an heißen Sommertagen, solange sie bei Raumtemperatur konsumiert wird..
Es empfiehlt sich Speisen und Getränke entsprechend ihrer natürlichen Eigenschaften auszuwählen, also solche, die von Natur aus eine kühlende Wirkung haben.
Im Sommer ist es ideal Lebensmittel lauwarm oder mindestens bei Raumtemperatur zu verzehren. In Indien steht oft Wasser in einem Tontopf zur Verfügung. Es ist natürlich erfrischend und damit angenehm für den Körper.
Von den im Āyurveda sechs beschriebenen Geschmacksrichtungen sollten im Sommer: süß, bitter und zusammenziehend bevorzugt werden. Scharfe, saure und salzige Lebensmittel sollten hingegen vermindert konsumiert werden.
Beispiele für Lebensmittel mit einem kühlenden oder ausgleichendem Effekt sind:
Früchte:
Äpfel, Beeren, Kirschen, Kokosnuss, Limetten, Mangos, Melonen, Birnen, Pflaumen, Granatäpfel, Feigen, Birnen, Kirschen, Aprikosen, Weintrauben, Bananen, Pfirsiche
Gemüse:
Beeteblätter Brokkoli, Kohl, Blumenkohl, Gurken, grüne Bohnen, Kopfsalat, Okra, Kartoffeln, Zucchini, Fenchel, Avocados, Spargel, Artischocken, Rhabarber, Sommerkürbisse, Aloe Vera
Bohnen und Hülsenfrüchte:
Mungobohnen (ganz und geschält), Kichererbsen, süsse Erbsen (Schoten), rote Linsen, Adzukibohnen
Getreidesorten:
Amarant, Gerste, Basmatireis, Risottoreis, Weizen, Quinoa
Gewürze und Kräuter:
Kardamom, Kordiander, Safran, Minze, Fenchel, frischer Ingwer, Neem, Guduchi, Brahmi, Kamille, Basilikum
Öle:
Kokosnussöl, Ghee
Blumen:
Rose, Hibiskus
Getränke um einen kühlen Kopf zu bewahren:
Apfelshorle, Rosenwassershorle, Minz-Limettenwasser, Kamille-Basilikumtee, Hibiskustee, lauwarmes Wasser, Fruchtsäfte
Der Konsum von Alkohol und Kaffee ist im Sommer idealerweise zu reduzieren, da beides stark erhitzend wirkt.
Sommerleitfaden bezüglich des Lebenswandels:
Entgegen den üblichen āyurvedischen Richtlinien, tagsüber nicht zu schlafen, wird für den Sommer ein kurzer Tagesschlaf an einem kühlen Ort empfohlen. Schließlich sind die Nächte kürzer (vor allem in der nördlichen Hemisphäre unseres Planeten) und die übermäßige Hitze führt zu Müdigkeit. Alternativ kann man nachts die kühlenden Strahlen des Mondes mit einer leichten Brise genießen. Bäder in kühlen Flüssen oder Seen sind ebenfalls eine willkommene Erfrischung.
Es ist ratsam, die Sonne so weit wie möglich zu meiden (insbesondere die Mittagssonne) und sich dünn, leicht und hellfarbig zu bekleiden (am besten aus Baumwolle, Leinen oder Seide). Frische, blumige Düfte können ebenfalls zur Ausgeglichenheit beitragen (z. B. Rose, Sandelholzduft).
Zur Erhaltung eines ausgeglichenen Energie- und Gesundheitshaushalts empfiehlt Āyurveda in dieser Jahreszeit weniger oder sanftere körperliche Aktivitäten. Dazu zählen sowohl routinemäßige Körperübungen wie Yoga (in Form von Hatha-Yoga oder Ashtanga Yoga, Surya Namaskaram etc.), als auch anstrengende sportliche Betätigungen und übermäßige sexuelle Betätigungen.
Im Āyurveda gilt es immer die individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Ebenso sollten folglich auch die saisonalen Richtlinien immer an die individuelle Konstitution angepasst werden.
Alle hier genannten Anregungen werden zu Informationszwecken gegeben und sind keine medizinischen Angaben. Jeder Nutzer ist selbst für die Überprüfung der Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der zur Verfügung gestellten Informationen verantwortlich. Die hier gegebenen Informationen ersetzen keine ärztliche Untersuchung.